EINGANG
31.Kündigung, §§ 17 ff. KSchG, Massenentlassung BAG, Urt. v. 23.3.2006 - 2 AZR 343/05, NZA 2006, 971 Entlassung iSd. § 17 Abs. 1 KSchG meint bei einer der Richtlinie RL 98/59/EG vom 20. Juli 1998 entsprechenden richtlinienkonformen Auslegung der kündigungsschutzrechtlichen Bestimmung den Ausspruch der Kündigung (Abänderung der bisherigen Rechtsprechung - zuletzt: BAG 18.9.2003 - 2 AZR 79/02,BAGE 107, 318). Der Europäische Gerichtshof hat in der Rechtssache "Junk" (Urteil vom 27. Januar 2005 - C-l88/03 - EuGHE I 2005, 885) entschieden, die RL 98/59/EG sei dahingehend auszulegen, dass die Kündigungserklärung des Arbeitgebers das Ereignis sei, das als Entlassung gelte und der Arbeitgeber Massenentlassungen erst nach Ende des Konsultationsverfahrens und nach der Anzeige der beabsichtigten Massenentlassung vornehmen dürfe. Allerdings könne die Kündigung schon nach der Anzeige der beabsichtigten Massenentlassung bei der zuständigen Behörde, und damit vor Ablauf der in der MERL genannten Fristen, erfolgen. Der Senat folgt dieser Auslegung der MERL durch den Europäischen Gerichtshof. Insbesondere § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG lässt auch eine richtlinienkonforme Auslegung im Sinne dieser Rechtsprechung zu. Insoweit gibt der Senat unter Berücksichtigung der in der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache "Pfeiffer" (Entscheidung vom 5. Oktober 2004 - C-397/01 - EuGHE I 2004, 8835) präzisierten Grundsätze zum Gebot einer richt­linienkonformen Auslegung seine im Urteil vom 18. September 2003 vertretene gegenteilige Auffassung auf. Die nationalen Gerichte sind nach Auffassung des EuGH verpflichtet, die nationalen Bestimmungen so weit wie möglich auszulegen, damit sie im Einklang mit den Zielen der Richtlinie angewandt werden könnten. Sie müssen alles unternehmen, um die volle Wirksamkeit einer Richtlinie zu gewährleisten. Das gesamte nationale Recht ist an Hand des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen, um zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem von der Richtlinie verfolgten Ziel vereinbar ist (EuGH 5. Oktober 2004 - C-397/01 - aaO). Entlassung iSd. § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG ist auf Grund der richtlinienkonformen Auslegung der Norm nunmehr als Ausspruch der Kündigung zu verstehen. Selbst wenn eine verspätete Massenentlassungsanzeige generell zur Unwirksamkeit einer vorher ausgesprochenen Kündigung führen würde - was aber auf Grund des Sinns und Zwecks des Anzeigeverfahrens nicht zwingend erscheint -, verbietet es der Grundsatz des Vertrauensschutzes im vorliegenden Fall, die Kündigung als unwirksam anzusehen. Anm.: In der Begründung zur Gewährung des Vertrauensschutzes fiihrt das BAG aus: Als Teil der Staatsgewalt sind die Gerichte an das Rechtsstaatsprinzip gebunden und müssen bei Änderung ihrer Rechtsprechung, nicht anders als der Gesetzgeber bei Gesetzesänderungen, den Grundsatz des Vertrauensschutzes beachten. Der Bürger darf erwarten und sich darauf verlassen, dass sein zum Zeitpunkt der Handhabung rechtlich gefordertes Verhalten von der Rechtsprechung nicht nachträglich als rechtswidrig oder nicht ausreichend qualifiziert wird. Anders als in den Fällen, in denen es um die - bloße -rechtliche Beurteilung der Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts geht, liefe es in den Fällen, in denen ein Gestaltungsrecht bereits ausgeübt worden ist, auf eine unzulässige, im Ergebnis echte Rückwirkung hinaus, wenn eine Rechtsprechungsänderung voll durchschlüge. Deshalb darf nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Rechtsprechungsänderung regelmäßig nicht dazu führen, einer Partei rückwirkend Handlungspflichten aufzuerlegen, die sie nachträglich nicht mehr erfüllen kann. Zwar wirkt die Änderung einer auch lange geltenden höchstrichterlichen Rechtsprechung grundsätzlich zurück, soweit dem nicht der Grundsatz von Treu und Glauben entgegensteht. Eine über § 242 BGB hinausgehende Einschränkung der Rückwirkung höchstrichterlicher Rechtsprechung ist aber geboten, wenn die von der Rückwirkung betroffene Partei auf die Fortgeltung der bisherigen Rechtsprechung vertrauen durfte und die Anwendung der geänderten Auffassung wegen ihrer Rechtsfolgen im Streitfall oder der Wirkung auf andere vergleichbare Rechtsbeziehungen auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Prozessgegners eine unzumutbare Härte bedeuten würde. Auch die ganz herrschende Auffassung in der Literatur und in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung hatte sich dieser Auffassung des Bundesarbeitsgerichts angeschlossen. Hinzu kommt, dass die Agentur für Arbeit ihre Verwaltungspraxis entsprechend gestaltet und eingerichtet hatte. Diesen Umständen kommt im Rahmen der Prüfung, ob dem betroffenen Arbeitgeber Vertrauensschutz zu gewähren ist, ein ganz erhebliches Gewicht zu. Der Arbeitgeber muss sich insbesondere auf eine Entscheidung der Arbeitsverwaltung verlassen und sein Verhalten daran ausrichten können. Der Vorlagebeschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 30. April 2003 (- 36 Ca 19726/02 - ZIP 2003, 1265) und die Thesen von Hinrichs in ihrer im Jahr 2001 erschienenen Dissertation "Kündigungsschutz und Arbeitnehmerbeteiligung bei Massenentlassung" konnten das Vertrauen in die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht relevant erschüttern. Es kann dahingestellt bleiben, wann dieser Vorlagebeschluss allgemein bekannt geworden war. Jedenfalls brauchte sich die Schuldnerin bzw. der Beklagte durch die Entscheidung eines einzelnen Arbeitsgerichts und vereinzelter Literaturstimmen noch nicht in seinem Vertrauen auf die Maßgeblichkeit einer bisher gefestigten ständigen Rechtsprechung und Verwaltungspraxis irritieren zu lassen. Dies gilt umso mehr als der Senat noch in der Entscheidung vom 18. September 2003 differenziert zu der Thematik Stellung genommen hatte. Schließlich konnte das Vertrauen in die bisherige Rechtslage auch nicht durch die Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano vom 30. September 2004 (vgl. ZIP 2004, 2019) erschüttert werden. BAG, Urt. v. 13.7.2006 - 6 AZR 198/06, NZA 2007,25 § 17 Abs. 1 KSchG ist im Hinblick auf die Richtlinie RL 98/59/EG vom 20. Juli 1998 richtlinienkonform dahin auszulegen, dass die Massenentlassungsanzeige vor Erklärung der Kündigungen erstattet werden muss. Wurde die Massenentlassungsanzeige im Einklang mit der früheren Rechtsprechung und Verwaltungspraxis erst nachträglich erstattet, kann sich der Arbeitgeber hinsichtlich der Wirksamkeit der Kündigungen auf Vertrauensschutz berufen, solange er von der geänderten Rechtsauffassung der Arbeitsverwaltung keine Kenntnis haben musste. 32. Kündigung, Betriebsratsanhörung (PR-Anhörung/Anhörung der MAV) BAG, Urt. v. 10.11.2005 - 2 AZR 623/04, NZA 2006, 491 1. Einer - erneuten - Anhörung des Betriebsrats bedarf es schon immer, wenn der Arbeitgeber bereits nach Anhörung des Betriebsrats eine Kündigung erklärt hat, d.h., wenn die erste Kündigung dem Arbeitnehmer zugegangen ist und der Arbeitgeber damit seinen Kündigungswillen bereits verwirklicht hat und nunmehr eine neue (weitere) Kündigung aussprechen will. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber die Kündigung auf den gleichen Sachverhalt stützt. Dieses Gestaltungsrecht und die damit im Zusammenhang stehende Betriebsratsanhörung sind mit dem Zugang der Kündigungserklärung verbraucht. Dies gilt insbesondere auch in den Fällen, in denen der Arbeitgeber wegen Bedenken gegen die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung vorsorglich erneut kündigt. 2. Etwas anderes kommt nur in den Ausnahmefällen in Betracht, in denen der Arbeitgeber seinen Kündigungsentschluss noch nicht verwirklicht hat. Nur dann kann eine erneute Beteiligung des Betriebsrats entbehrlich sein, wenn das frühere Anhörungsverfahren ordnungsgemäß war, der Betriebsrat der Kündigung vorbehaltlos zugestimmt hat und eine Wiederholungskündigung in angemessenem zeitlichen Zusammenhang ausgesprochen und auf denselben Sachverhalt gestützt wird. BAG, Urt. v. 12.1.2006 - 2 AZR 242/05, NZA 2006, 512 Im Falle einer außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist gegenüber einem tariflich unkündbaren Arbeitnehmer steht dem Betriebsrat eine Woche zur Stellungnahme gemäß § 102 Abs. 2 S. 1 BetrVG zur Verfügung. Weder § 23 Abs. 3 noch § 37 Abs. 4 MTV für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schließen die außerordentliche Kündigung tariflich unkündbarer Arbeitnehmer aus. Im Falle zu erwartender dauerhafter Arbeitsunfähigkeit eines tariflich unkündbarer Arbeitnehmers ist gerade ein besonders starker Schutz des Arbeitnehmers unter Umständen geeignet, zur Unzumutbarkeit der Fortsetzung eines auf Dauer sinnentleerten Arbeitsverhältnisses zu führen. BAG, Urt. v. 27.4.2006 - 2 AZR 426/05, DVB1. 2006,1394 1. Es ist nicht stets erforderlich, dass dem Personalrat der konkrete Termin genannt wird, zu dem die Kündigung wirken soll. Dieser Termin ist im Zeitpunkt der Beteiligung des Personalrats oft nicht einmal hinreichend konkret bestimmbar. Er hängt z.B. auch von der Dauer des Beteiligungsverfahrens und dem Datum des Zugangs der Kündigung ab. Regelmäßig ist der Personalrat ausreichend informiert, wenn die für den zu kündigenden Arbeitnehmer geltende Kündigungsfrist feststeht und außerdem der Arbeitgeber klarstellt, dass die Kündigung in naher Zukunft ausgesprochen werden soll. In einem solchen Fall können Unklarheiten, die geeignet sind, die Stellungnahme des Personalrats zu beeinflussen, nicht aufkommen. Anders ist dies lediglich in den Fällen zu sehen, dass von dem Kündigungstermin bestimmte Ansprüche des zu kündigenden Arbeitnehmers abhängen (z.B. Weihnachtsgeld) oder der Arbeitgeber den Personalrat über den Termin, zu dem die Kündigung wirksam werden soll, völlig im Unklaren lässt. 2. Diese Grundsätze gelten regelmäßig auch dann, wenn der Arbeitgeber bei einer ordentlichen Kündigung dem Personalrat Angaben gemacht hat, die auf einen bestimmten Kündigungstermin hindeuten, er aber diesen Kündigungstermin nicht einhalten kann. Die Angabe des unter Beachtung der einschlägigen Kündigungsfrist nächsten Kündigungs­termins ist eher nur als Hinweis auszulegen, dass zeitnah gekündigt werden soll. Dies muss erst recht gelten, wenn das Beteiligungsverfahren für die außerordentliche Kündigung und die ordentliche Kündigung in dem entsprechenden Personal­vertretungsgesetz unterschiedlich ausgestaltet ist und der Arbeitgeber gleichzeitig zu einer fristlosen und zu einer vorsorglich auszusprechenden ordentlichen Kündigung aus denselben Kündigungsgründen beteiligt. BAG v. 21.6.2006, 2 AZR 300/05, AP Nr. 1 zu § 62 LPVG Sachsen-Anhalt 1. Eine Verletzung von Begründungspflichten wie der des § 62 Abs. 7 Satz 2 LPVG Sachsen-Anhalt ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (2. Februar 2006 -2 AZR 38/05 -; 5. Oktober 1995 - 2 AZR 909/94 - aaO) und des Bundesverwaltungs­gerichts (26. Juli 1984 - 1 D 57.83 - BVerwGE 76, 182) jedenfalls bei der Letztent­scheidung einer obersten Dienstbehörde regelmäßig nicht geeignet, eine Unwirksamkeit der Kündigung nach § 108 Abs. 2 BPersVG zu begründen. Zwar ist an sich wie bei der vergleichbaren Vorschrift des § 79 Abs. 4 BPersVG/PersVG-DDR auch bei obersten Dienstbehörden das Mitbestimmungsverfahren erst mit der schriftlichen qualifizierten Begründung des Leiters der obersten Dienstbehörde an den Personalrat über das Festhalten an seiner Kündigungsabsicht (§ 62 Abs. 7 Satz 2 LPVG Sachsen-Anhalt) beendet. Die Verletzung dieser Begründungspflicht hat jedoch keine rechtlichen Auswirkungen, da der beteiligten Personalvertretung im Organisationsaufbau keine weitere Personalvertretung vorgeht. Nach der Empfehlung der Einigungsstelle hat hier der Leiter der obersten Dienstbehörde das Letztentscheidungsrecht. Die Begründungspflicht soll damit lediglich den ursprünglich am Mitbestimmungsverfahren Beteiligten verdeutlichen, weshalb die von der Empfehlung der Einigungsstelle abweichende Entscheidung getroffen worden ist. Konsequenterweise enthält deshalb das Gesetz nicht einmal eine Regelung darüber, ob oder gegebenenfalls wie lange vor Ausspruch der Kündigung die schriftliche qualifizierte Begründung zu erfolgen hat. Die Verletzung einer derartigen Pflicht durch den Leiter der obersten Dienstbehörde ist nicht in einem solchen Maße mit der völligen Unterlassung der Beteiligung der Personalvertretung (§ 108 Abs. 2 BPersVG) vergleichbar, dass es sachlich gerechtfertigt wäre, die Unwirksamkeitsfolge hierauf auszudehnen. 2. Die in § 62 Abs. 5 LPVG Sachsen-Anhalt aF (vom 10.02.1993) festgelegte Bindungswirkung ohne Letztentscheidungsrecht des Leiters der obersten Dienstbehörde verstößt bei Kündigungen von Angestellten und Arbeitern gegen das Demokratieprinzip. Die Bestimmung ist verfassungskonform auszulegen. 33.Kündigung, besonderer Kündigungsschutz (MuSchG, BErzGG, SGB IX, Betriebsrat) BAG, Urt. v. 12.1.2006 - 2 AZR 539/05, NZA 2006,1035 (§ 85 SGB IX) Hat der schwerbehinderte Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits einen Bescheid über seine Schwerbehinderteneigenschaft erhalten oder wenigstens einen entsprechenden Antrag beim Versorgungsamt gestellt, so steht ihm der Sonderkündigungsschutz nach §§85 ff. SGB IX aF auch dann zu, wenn der Arbeitgeber von der Schwerbehinderteneigenschaft oder der Antragstellung nichts wusste. Der Arbeitnehmer muss, wenn er sich den Sonderkündigungsschutz nach § 85 SGB IX erhalten will, nach Zugang der - ordentlichen oder außerordentlichen - Kündigung innerhalb einer angemessenen Frist, die regelmäßig einen Monat beträgt, gegenüber dem Arbeitgeber seine bereits festgestellte oder zur Feststellung beantragte Schwerbehinderteneigenschaft geltend machen. Unterlässt der Arbeitnehmer diese Mitteilung, ist die Kündigung jedenfalls nicht bereits wegen der fehlenden Zustimmung des Integrationsamts unwirksam. Der Arbeitnehmer hat dann den besonderen Kündigungsschutz als Schwerbehinderter verwirkt. Bei Vorliegen besonderer Umstände kann die Monatsfrist durchbrochen werden. Vor dem Hintergrund der Neufassung des SGB IX und des § 4 KSchG erwägt der Senat, in Zukunft von einer Regelfrist von drei Wochen auszugehen, innerhalb derer der Arbeitnehmer nach Zugang der Kündigung dem Arbeitgeber seine Schwerbehinderung oder den entsprechenden Feststellungsantrag mitteilen muss. BAG, Urt. v. 2.2.2006 - 2 AZR 58/05, NZA 2006, 868 (TV-liche ord. Unkündbarkeit) 1. Tarifvertragliche Regelungen tragen den immanenten Vorbehalt ihrer nachträglichen Änderung durch Tarifvertrag in sich. Dies gilt auch für Regelungen über einen Sonderkündigungsschutz. 2. Ist bisher tarifvertraglich die ordentliche Kündigung nach entsprechender Beschäftigungszeit und ab einem bestimmten Lebensalter nicht ausnahmslos ausgeschlossen, sondern bleibt bei bestimmten Betriebsänderungen eine ordentliche Kündigung zulässig, so sind die Tarifvertragsparteien grundsätzlich nicht gehindert, die Ausnahmevorschrift über die Zulässigkeit betriebsbedingter Kündigungen an geänderte Verhältnisse anzupassen. Das Vertrauen des Arbeitnehmers, der die tariflichen Voraussetzungen für den Sonderkündigungsschutz (Betriebszugehörigkeit, Lebensalter) bereits erreicht hat, in die Aufrechterhaltung seines Sonderkündigungsschutzes im bisherigen Umfang steht einer solchen Modifizierung der tariflichen Regelung nicht entgegen. BAG, Urt. v. 2.2.2006 - 2 AZR 596/04, NZA 2006, 678 (§ 18 BErzGG) Das Kündigungsverbot des § 18 BErzGG gilt nicht für Arbeitsverhältnisse mit dem "anderen" Arbeitgeber iSd. § 15 Abs. 4 Satz 2 BErzGG . Aus den Gründen: Bereits der Wortlaut von § 18 Abs. 2 Nr. 2 BErzGG spricht für dieses Ergebnis. In § 18 Abs. 1 Satz 1 BErzGG verwendet das Gesetz den Ausdruck "der" Arbeitgeber, um denjenigen Arbeitgeber zu kennzeichnen, der den Sonderkündigungsschutz nach § 18 BErzGG zu beachten hat. Dagegen verwenden § 18 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 Satz 1 BErzGG, in denen der Sonderkündigungsschutz für Teilzeitbeschäftigte geregelt ist, insoweit das Wort "sein" Arbeitgeber. Diese Abweichung im Sprachgebrauch ist nur verständlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass eine Teilzeitbeschäftigung nicht nur bei dem Arbeitgeber möglich ist, dem gegenüber Elternzeit in Anspruch genommen wird, sondern auch bei dem Arbeitgeber, in dessen Dienste der in Elternzeit befindliche Arbeitnehmer nach § 15 Abs. 4 Satz 2 BErzGG mit Zustimmung des Erstarbeitgebers treten darf. Jener Arbeitgeber, zu dem während der Elternzeit mit Zustimmung des Erstarbeitgebers ein Teilzeitarbeitsverhältnis eingegangen wird, wird von § 15 Abs. 4 Satz 2 BErzGG als "anderer" Arbeitgeber bezeichnet. Indem also das Gesetz in § 18 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BErzGG von "seinem" Arbeitgeber spricht, wird eben jener "andere" Arbeitgeber von der Anwendung des Sonderkündigungsschutzes ausgeschlossen. Auch der systematische Zusammenhang der §§ 15 ff. BErzGG bestätigt dieses Ergebnis. Die gesetzliche Regelung des Anspruchs auf Elternzeit zielt darauf, das Verhältnis zwischen dem Elternzeitberechtigten und demjenigen Arbeitgeber zu regeln, dem gegenüber Elternzeit beansprucht wird oder werden kann. Beiden Seiten werden Rechte und Pflichten zugewiesen, die zwei Zielen dienen sollen: Der Bestand des Arbeitsverhältnisses in der Phase der Elternzeit soll gewahrt werden und gleichzeitig sollen die Eltern sich ihren Kindern zuwenden können. In diesem Rahmen muss der Arbeitgeber mangels entgegenstehender dringender betrieblicher Gründe auch mit der Teilzeittätigkeit seines Arbeitnehmers bei einem "anderen" Arbeitgeber einverstanden sein. Dieses "andere" Arbeitsverhältnis wird also in § 15 BErzGG nur deshalb erwähnt, weil und soweit es die Gewährung von Elternzeit in dem geschützten Arbeitsverhältnis nicht stört, sondern im Gegenteil die Inanspruchnahme von Elternzeit in dem geschützten Arbeitsverhältnis ermöglicht. Das legt es nahe, dass § 18 BErzGG jenes - vom Gesetz gewissermaßen in einer dienenden Funktion gegenüber dem Erhalt des Erstarbeitsverhältnisses gesehene - "andere" Arbeitsverhältnis nicht betrifft, sondern umgekehrt voraussetzt, dass dort die Sondervorschriften über die Elternzeit nicht gelten. BAG, Urt. v. 2.3.2006 - 2 AZR 83/05, NZA 2006, 988 (§ 15 KSchG) Den Arbeitgeber trifft gegenüber einem Mitglied der Betriebsvertretung nach § 15 Abs. 5 KSchG die Pflicht, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln für dessen angemessene Weiterbeschäftigung zu sorgen. Dabei hat der Arbeitgeber dem Mandatsträger grundsätzlich eine möglichst gleichwertige Stellung anzubieten. Durch das Angebot eines geringerwertigen Arbeitsplatzes mit geringerer Entlohnung genügt der Arbeitgeber grundsätzlich noch nicht seinen gesetzlichen Verpflichtungen. Dies ergibt sich unmittelbar aus der Pflicht des Arbeitgebers zur Übernahme des Mandatsträgers in eine andere Abteilung. Der gleichwertige Arbeitsplatz in einer anderen Abteilung muss - anders als im Falle des § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG - nicht frei sein. Ist ein gleichwertiger Arbeitsplatz in einer anderen Abteilung vorhanden und mit einem nicht durch § 15 KSchG geschützten Arbeitnehmer besetzt, muss der Arbeitgeber versuchen, den Arbeitsplatz durch Umverteilung der Arbeit, die Ausübung seines Direktionsrechts oder ggf. auch durch den Ausspruch einer Kündigung für den Mandatsträger freizumachen. Ist ein gleichwertiger Arbeitsplatz in der anderen Abteilung nicht vorhanden, ist der Arbeitgeber auch verpflichtet, gegenüber dem Mandatsträger ggf. eine Änderungs­kündigung auszusprechen. 3. Die innerbetriebliche Weiterbeschäftigungspflicht des Arbeitgebers entfällt nach § 15 Abs. 5 Satz 2 KSchG nur ausnahmsweise, wenn dem Arbeitgeber die Übernahme in eine andere Betriebsabteilung "aus betrieblichen Gründen" nicht möglich ist. Aus betrieblichen Gründen ist eine Weiterbeschäftigung dann nicht möglich, wenn der Mandatsträger auf dem anderen innerbetrieblichen Arbeitsplatz nicht in wirtschaftlich vertretbarer Weise eingesetzt werden kann. Sowohl aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 2 KSchG als auch dem Sinn und Zweck der Norm des § 15 KSchG folgt aber, dass dem Mandatsträger gegenüber anderen Arbeitnehmern grundsätzlich ein Vorrang für eine Weiterbeschäftigung eingeräumt werden soll. Das Kollegialorgan Betriebsrat soll nach Möglichkeit vor einer Auszehrung und persönlichen Inkontinuität geschützt werden. Die Regelung des § 15 KSchG zeigt, dass der Gesetzgeber diesem Bestands- und Funktionsinteresse des Kollegialorgans Betriebsvertretung eine hohe Bedeutung und Priorität eingeräumt hat. 4. Steht nach Stilllegung einer Betriebsabteilung nur eine begrenzte Zahl von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten in einer anderen Abteilung des Betriebs zur Verfügung, genießen nach dem Sinn und Zweck von § 15 KSchG die aktiven Mandatsträger bei der Besetzung der Stellen Vorrang vor den im Nachwirkungszeitraum sonderkündigungsgeschützten Ersatzmitgliedern. § 15 KSchG soll die Kontinuität der Betriebsratsarbeit sichern. Dies gilt auch für die personelle Zusammensetzung. Dem widerspräche es, im Falle des § 15 Abs. 5 KSchG bei einer noch begrenzten Zahl zur Verfügung stehender anderer Arbeitsplätze die Auswahl unter allen nach § 15 KSchG geschützten Arbeitnehmern allein nach sozialen Gesichtspunkten entsprechend § 1 Abs. 3 KSchG vorzunehmen. Dies könnte letztlich dazu führen, dass die Mehrzahl der aktiven Amtsinhaber ausschiede und das Wahlergebnis so praktisch auf den Kopf gestellt würde. Die bevorzugte Berücksichtigung aktiver Amtsinhaber vor nur nachwirkend geschützten Ersatzmitgliedern rechtfertigt sich auch deshalb, weil der Sonderkündigungsschutz beider Gruppen im Gesetz - wie § 103 BetrVG zeigt - unterschiedlich stark ausgestaltet ist. BAG, Urt. v. 1.3.2007 - 2 AZR 217/06, Pressemitteilung Nr. 17/07 (§ 85 SGBIX) Vom Zustimmungserfordernis des § 85 SGB IX werden nur Kündigungen gegenüber solchen Arbeitnehmern erfasst, die bei Zugang der Kündigung bereits als Schwerbehinderte anerkannt sind oder den Antrag auf Anerkennung mindestens drei Wochen vor dem Zugang der Kündigung gestellt haben (§ 90 Abs. 2a SGB IX). Auch die einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellten Arbeitnehmer sind vom Sonderkündigungsschutz ausgeschlossen, wenn sie den Gleichstellungsantrag nicht mindestens drei Wochen vor der Kündigung gestellt haben. 34.Mutterschutz und Elternzeit (außer Kündigungsschutz) BAG, Urt v. 9.5.2006 - 9 AZR 278/05, NZA 2006,1413 Der Senat hält an seiner im Schrifttum im Wesentlichen auf Zustimmung gestoßenen Rechtsprechung fest, dass der Arbeitnehmer die Verringerung der Arbeitszeit auch während der Elternzeit nach § 15 Abs. 5 bis Abs. 7 BErzGG beantragen kann (Bestätigung BAG vom 19.4.2005 - 9 AZR 233/04 = AP Nr. 44 zu § 15 BErzGG). Soweit der Senat (vergleiche Urteil vom 19.4.2005 - 9 AZR 233/04) ausgeführt hat, der Arbeitnehmer sei nicht an sein Verlangen auf eine bestimmte Verringerung der Arbeitszeit für die gesamte Dauer seiner Elternzeit gebunden, bedarf das nach Ansicht des Senats der Klarstellung. Bereits im Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit hat der Arbeitnehmer die Dauer der verlangten Elternteilzeit und den Umfang der Beschäftigung anzugeben. An diese Erklärungen ist er gebunden. Das ergibt sich aus allgemeinem Vertragsrecht. Dem Arbeitnehmer, der zunächst nur für die ersten beiden Jahre Elternzeit in Anspruch nimmt und während dieses Zeitraums ganz oder teilweise mit verringerter Arbeitszeit arbeitet, wird ermöglicht, auch im dritten Jahr der Elternzeit mit verringerter Arbeitszeit zu arbeiten. Diese Möglichkeit hat der Arbeitnehmer, der Elternzeit bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres nimmt, nur dann, wenn seine Elternteilzeit nicht den gesamten Zeitraum abdeckt. § 15 Abs. 7 BErzGG begründet nach seinem Wortlaut keinen Anspruch auf eine bestimmte vertragliche Festlegung der verringerten Arbeitszeit. Das steht einer auf entsprechende Verteilung gerichteten Klage nicht entgegen. Soweit die Zeit der Arbeitsleistung nicht durch eine arbeitsrechtliche Regelung bestimmt ist, wird sie durch den Arbeitgeber in Wahrnehmung seines Weisungsrechts nach billigem Ermessen festgelegt (§ 106 GewO i.V.m. § 315 Abs. 3 BGB). Ist der vom Arbeitnehmer gewünschte Zeitraum verstrichen, kann das Klagebegehren nur noch mit der Feststellungsklage i.S.v. § 256 ZPO verfolgt werden. Eine entsprechende Antragsänderung ist unbedenklich zulässig. Das erforderliche besondere Interesse ergibt sich daraus, dass die gerichtlich festgestellte Verpflichtung des Arbeitgebers zur Festlegung der Arbeitszeit zu Ansprüchen des Arbeitnehmers aus Annahmeverzug (§615 Satz 1 BGB) führt. 35. Prozesskostenhilfe BAG, Beschl. v. 24.4.2006 - 3 AZB 12/05, NZA 2006, 751 Für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlte Abfindungen sind Vermögen iSd. § 115 Abs. 3 ZPO. Nach § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO gilt § 90 SGB XII entsprechend (Anm.: In seiner bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung verwies § 115 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf § 88 BSHG). Dementsprechend ist dem Arbeitnehmer ein sog. „Schonvermögen" zu belassen. Da dem Arbeitnehmer durch den Verlust des Arbeitsplatzes typischerweise Kosten entstehen, ist es ihm in der Regel nicht zumutbar, die gesamte Abfindung einzusetzen. Die Höhe der dem Arbeitnehmer durch den Verlust des Arbeitsplatzes entstehenden Kosten hängt von zahlreichen Faktoren ab, u.a. von seiner beruflichen Qualifikation und von seinem Alter sowie den Gegebenheiten des jeweiligen Arbeitsmarktes. Diese sind oft nicht leicht zu ermitteln. Zudem ist bei Zufluss der Abfindung und im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nach § 120 Abs. 4 ZPO häufig noch nicht absehbar, ob und ggf. welche - weiteren - Kosten dem Arbeitnehmer in Zukunft infolge des Verlustes des Arbeitsplatzes noch entstehen werden. Aus Gründen der Praktikabilität erweist sich eine Typisierung als erforderlich. Als Anhaltspunkt für die Höhe der dem Arbeitnehmer durch den Verlust des Arbeitsplatzes typischerweise entstehenden Kosten kann derzeit die Höhe des Schonbetrages für Ledige nach der Durchführungsverordnung zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII dienen. 4. Kein Regelfall im vorbezeichneten Sinne liegt beispielsweise vor, wenn der Arbeitnehmer kurz nach dem Beendigungszeitpunkt bereits eine neue Stelle im selben Ort gefunden hat. Anm.: Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 b) der DVO zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII beträgt das Schonvermögen 2.600 Euro, zuzüglich eines Betrages von 256 Euro für jede Person, die von der nachfragenden Person überwiegend unterhalten wird. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 der DVO zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII ist Schonvermögen, wenn die Sozialhilfe vom Vermögen der nachfi-agenden Person und ihres nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners abhängig ist, der nach Nummer 1 Buchstabe a oder b maßgebende Betrag zuzüglich eines Betrages von 614 Euro für den Ehegatten oder Lebenspartner und eines Betrages von 256 Euro für jede Person, die von der nachfragenden Person, ihrem Ehegatten oder Lebenspartner überwiegend unterhalten wird. Die praktischen Ergebnisse der vorbezeichneten Entscheidung des BAG seien an einem Beispielsfall veranschaulicht: Arbeitnehmer, verheiratet, einem Kind unterhaltspflichtig, kein sonstiges Vermögen beim Arbeitnehmer oder seiner Ehefrau; Arbeitnehmer ist auf Stellensuche: Schonvermögen (Arbeitnehmer selbst) 2.600 Euro Schonvermögen (für die Ehefrau) 0.614 Euro Schonvermögen (für das Kind) 0.256 Euro Schonbetrag (für die Kosten i.Zsh. mit dem Verlust des Arbeitsplatzes) 2.600 Euro Gesamt: 6.0 70 Euro Ergebnis: Ein Anteil der Abfindung i.H.v. netto 6.070 Euro muss vom Arbeitnehmer nicht eingesetzt werden. 36. Rechtsmittel und - behelfe (insb. Nichtzulassungsbeschwerde) BAG, Beschl. v. 13.6.2006 - 9 AZN 226/06, NZA 2006,1004 Ein Rechtsgrund zur Zulassung der Revision besteht regelmäßig nur dann, wenn sich das Landesarbeitsgericht mit der vom Beschwerdeführer in der Beschwerde formulierten Rechtsfrage befasst hat, sie also beantwortet hat. Es genügt nicht, dass das Landesarbeitsgericht nach Auffassung des Beschwerdeführers sich mit Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung hätte befassen müssen, die sich nach der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung nicht stellen. BAG, Beschl. v. 23.1.2007 - 9 AZN 792/06, juris Der Beschwerdeführer hat die nach § 72a Abs 3 Satz 2 Nr 1 ArbGG von ihm darzulegende entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung regelmäßig so konkret zu formulieren, dass sie mit "Ja" oder mit "Nein" beantwortet werden kann; das schließt im Einzelfall eine differenzierte Formulierung nicht aus. Unzulässig ist eine Fragestellung, deren Beantwortung von den Umständen des Einzelfalls abhängt und damit auf die Antwort "Kann sein" hinausläuft. 37.Rückzahlungsklausel (Sonderleistungen, Aus-/Fortbildungskosten) BAG, Urt. v. 17.11.2005 - 6 AZR 160/05, NZA 2006, 872 Kirchliche Arbeitsvertragsrichtlinien (hier: § 10a der Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (DCVArbVtrRL oder AVR-Caritas) sind als AGB i.S. der §§ 305 ff. BGB anzusehen, so dass grundsätzlich eine Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB vorzunehmen ist. Diese ist jedoch unter angemessener Berücksichtigung der Besonderheiten des Arbeitsrechts (§310 Abs. 4 Satz 2 BGB) durchzuführen. Danach war die verwendete Rückzahlungsklausel nicht zu beanstanden. Sie entspricht in ihrem Regelungsgehalt den tariflichen Regelungen des BAT hinsichtlich der Sonderregelung für Angestellte in Kranken-, Heil-, Pflege- und Entbindungsanstalten sowie in sonstigen Anstalten und Heimen, in denen die betreuten Personen in ärztlicher Behandlung stehen (Nr. 7 zu Abschnitt VII - Vergütung - des SR 2 a BAT). Nach dieser Tarifregelung sind - von hier nicht vorliegenden Sonderfällen abgesehen - die Aufwendungen der Fort- und Weiterbildung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Wunsch des Angestellten im ersten Jahr nach Beendigung der Fort- oder Weiterbildung voll zurückzuzahlen, im zweiten Jahr zu zwei Dritteln und im dritten Jahr zu einem Drittel zurückzuzahlen. § 10a Abs. 2 AVR-Caritas weicht davon lediglich zugunsten des Arbeitnehmers insoweit ab, als in besonders gelagerten Fällen auf die Kostenerstattung verzichtet werden kann und die Rückzahlungsverpflichtung - anders als gemäß der grob nach Jahren differenzierenden tarifvertraglichen Regelung - monatlich linear sinkt. Beschäftigt die Arbeitgeberin die Arbeitnehmerin bereits ab dem 1. November 2001 in ihrer neuen Funktion als Wohnbereichsleiterin, setzt sie als maßgeblichen Berechnungszeitpunkt für den Beginn der anspruchsmindernden Beschäftigungszeiten jedoch den 1. Februar 2002 an mit der Begründung, der Arbeitnehmerin sei die erfolgreiche Teilnahme am Fort- und Weiterbildungskurs erst am 31. Januar 2002 bestätigt worden, so ist dies nicht zulässig. Mit der Nutzung der von der Arbeitnehmerin im Rahmen der Fort- und Weiterbildung erworbenen Kenntnisse hat die Arbeitgeberin dokumentiert, dass die Arbeitnehmerin spätestens ab diesem Zeitpunkt über die für eine Beschäftigung als Wohnbereichsleiterin erforderlichen und durch die Fort- und Weiterbildung vermittelten Kenntnisse verfügte. Nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) kann sich die Arbeitgeberin nicht darauf berufen, dass die letzte Supervision und die Bestätigung der erfolgreichen Kursteilnahme erst später erfolgten. Eine Vereinbarung, nach der ein Arbeitnehmer dem Arbeitgeber auch die anteiligen Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung zu erstatten hat, ist nach § 32 SGB I wegen Verstoßes gegen die zwingenden Bestimmungen der §§ 20 , 22 SGB IV nichtig. Anm.: Im streitgegenständlichen Fall fanden im Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis zum 1. Juni 2001 im Rahmen der Weiterbildung der Beklagten zur Wohnbereichsleitung/Verantwortlichen Pflegefachkraft zehn Kursblöcke mit jeweils einer Dauer von einer Arbeitswoche ä 38,5 Stunden statt. In den Phasen zwischen den Kursblöcken hatte die Beklagte außerhalb ihrer Arbeitszeit Hausaufgaben anzufertigen, um sich mit dem Erlernten näher zu beschäftigen und eine Nachbereitung vorzunehmen. Nach Abschluss des Blockunterrichts nahm die Beklagte an darauffolgenden acht eintägigen Supervisionstreffen teil, zuletzt am 7. Dezember 2001. Eine Bindungsdauer von drei Jahren, wie im streitgegenständlichen Fall geschehen, hätte die Klausel als einzelvertragliche nach den Maßstäben der std. Rspr. des BAG in der Tat nicht gerechtfertigt. BAG, Urt. v. 11.4.2006 - 9 AZR 610/05, NZA 2006,1042 1. Eine vom Arbeitgeber in einem Formulararbeitsvertrag aufgestellte Klausel, nach welcher der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber getragene Ausbildungskosten bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne jede Rücksicht auf den Beendigungsgrund zurückzahlen muss, ist unwirksam, weil sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 BGB). 2. Eine Rückzahlungsklausel stellt nur dann eine ausgewogene Gesamtregelung dar, wenn es der Arbeitnehmer in der Hand hat, durch eigene Betriebstreue der Rückzahlungspflicht zu entgehen. Verluste auf Grund von Investitionen, die nachträglich wertlos werden, hat grundsätzlich der Arbeitgeber zu tragen. Hätte der betriebstreue Arbeitnehmer die in seine Aus- oder Weiterbildung investierten Betriebsausgaben auch dann zu erstatten, wenn die Gründe für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausschließlich dem Verantwortungs- und Risikobereich des Arbeitgebers zuzurechnen sind, würde er mit den Kosten einer fehlgeschlagenen Investition seines Arbeitgebers belastet. 3. Die Rückzahlungsklausel ist nicht mit dem Inhalt aufrechtzuerhalten, dass der Arbeitnehmer nur bei einem seinem Verantwortungsbereich zuzurechnenden Beendigungsgrund zur Rückzahlung der Ausbildungskosten verpflichtet ist. Eine geltungserhaltende Reduktion der zu weit gefassten Klausel scheidet aus. Unwirksame Klauseln sind grundsätzlich nicht auf einen mit dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu vereinbarenden Regelungsgehalt zurückzuführen. § 306 BGB sieht eine solche Rechtsfolge nicht vor. Eine Aufrechterhaltung mit eingeschränktem Inhalt wäre auch nicht mit dem Zweck der §§305 ff. BGB vereinbar. Es ist Ziel des Gesetzes, auf einen angemessenen Inhalt der in der Praxis verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinzuwirken. Dem Verwendungsgegner soll die Möglichkeit sachgerechter Information über die ihm aus dem vorformulierten Vertrag erwachsenden Rechte und Pflichten verschafft werden. Dieses Ziel ließe sich nicht erreichen, wenn jeder Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zunächst die Grenze dessen überschreiten könnte, was er zu seinen Gunsten in gerade noch vertretbarer Weise vereinbaren durfte. Würde dies als zulässig angesehen, hätte das zur Folge, dass der Vertragspartner des Verwenders in der Vertragsabwicklungspraxis mit überzogenen Klauseln konfrontiert würde. Erst in einem Prozess könnte er dann den Umfang seiner Rechte und Pflichten zuverlässig erfahren. Wer die Möglichkeit nutzen kann, die ihm der Grundsatz der Vertragsfreiheit für die Aufstellung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen eröffnet, muss auch das vollständige Risiko einer Klauselunwirksamkeit tragen. 38. Schadensersatz BAG, Urt. v. 14.12.2006 - 8 AZR 628/05, juris Der Arbeitgeber ist verpflichtet, eine Berufsschullehrerin, die mit drogenabhängigen Schülern arbeitet, die in großem Umfang mit dem Hepatitis-C-Virus infiziert sind, über die Gefahr einer Ansteckung aufzuklären. Sowohl die positive als auch die negative Feststellung des Sozialversicherungsträgers ist bindend für die Frage, ob ein Versicherungsfall nach den §§ 104ff. SGB VII vorgelegen hat. Die zur Entscheidung über den privatrechtlichen Schadensersatzanspruch berufenen Gerichte haben daher etwaige Fehlentscheidungen im sozialrechtlichen Verfahren auch dann hinzunehmen, wenn die dortige Entscheidung auf einer unvollständigen Tatsachengrundlage beruht und sie selbst abweichende Feststellungen treffen könnten. Macht die Arbeitnehmerin im Wege einer unbezifferten Feststellungsklage geltend, dass der Arbeitgeber für zukünftige Schäden als Folge der Hepatitis-C-Infektion, die sie noch nicht beziffern kann, haftet, kommt vor dem Eintritt dieser Schäden ein Verfall des Schadensersatzanspruchs auf Grund der Ausschlussfrist nach § 70 BAT nicht in Betracht, auch wenn die Rechtsgutverletzung zu einem früheren Zeitpunkt eingetreten ist. BAG, Urt. v. 18.1.2007 - 8 AZR 234/06, Pressemitteilung Nr. 2/07 Kündigt der Arbeitnehmer wegen Beleidigungen („Schauspieler", „Simulant", „Weib", „Hure", „Drecksack" und „Arsch") oder Nötigungen durch einen im Unternehmen für Personalangelegenheiten zuständigen Kollegen das Arbeitsverhältnis selbst, so besitzt er gegenüber diesem Kollegen keine Schadensersatzansprüche. Weder verletzt der Kollege gegenüber dem Arbeitnehmer ein Recht an seinem Arbeitsplatz im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB noch besteht gegenüber dem Kollegen gemäß § 823 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls, der infolge der Eigenkündigung eintritt. 39. Schwerbehinderung (außer Kündigungsschutz) BAG, Urt. v. 24.10.2006 - 9 AZR 669/05, DB 2007, 351 Der Anspruch auf Zusatzurlaub nach § 125 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB IX tritt dem Urlaubsanspruch hinzu, den der Beschäftigte ohne Berücksichtigung seiner Schwer­behinderung beanspruchen kann. Der Zusatzurlaub erhöht nicht nur den gesetzlichen Mindesturlaub im Sinne von § 3 Abs. 1 BUrlG, der 24 Werktage in der 6-Tage-Woche oder 20 Arbeitstage in der 5-Tage-Woche beträgt. BAG, Urt. v. 21.11.2006 - 9 AZR 176/06, FA 2007, 27 Mehrarbeit im Sinne des § 124 SGB IX ist jede über acht Stunden hinausgehende werktägliche Arbeitszeit. Schwerbehinderte Arbeitnehmer haben einen Anspruch, auf ihr Verlangen hin von dem Arbeitgeber nicht mehr als acht Stunden werktäglich beschäftigt zu werden. Als Arbeitszeit im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 ArbZG gilt seit der Neufassung des Arbeitszeitgesetzes durch Art 4b des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 mit Wirkung ab 1.1.2004 auch der Bereitschaftsdienst. Bei der Ableistung sogenannter "Nachtbereitschaft" einer Heilerziehungspflegerin handelt es sich um Bereitschaftsdienst, der auf die gesetzliche Höchstarbeitszeit im Sinne des § 3 S. 1 ArbZG anzurechnen ist. Die Regelung (vergleiche § 7 Abs. 1 der Anlage 5 zu den AVR und §§8 und 9 der Anlage 5 zu den AVR) der DCVArbVtrRL, dass Bereitschaftsdienst keine Arbeitszeit darstellt, ist wegen Verstoßes gegen § 3 S. 1 ArbZG nichtig (§ 134 BGB), soweit dadurch die gesetzliche Arbeitszeit im Sinne des § 3 S. 1 ArbZG verlängert wird. 40. Streitwert, Streitwertfestsetzung, anwaltliche Gebühren BAG, Beschl. v. 29.3.2006 - 3 AZB 69/05, NZA 2006, 693 Eine unter Mitwirkung eines Rechtsanwalts gefundene Regelung zwischen den Prozessparteien eines Verfahrens, die den Streit und die Ungewissheit über die Wirksamkeit einer Kündigung und das Bestehen des Arbeitsverhältnisses beseitigt, erfüllt den Tatbestand der Einigungsgebühr nach Nr. 1003, 1000 Abs. 1 S. 1 des Vergütungsverzeichnisses der Anlage 1 zum RVG. 41. Tarifvertrag BAG, Urt. v. 11.10.2006 - 4 AZR 486/05, Pressemitteilung Nr. 61/06 Tarifvertragsparteien können einen Tarifvertrag während seiner Laufzeit rückwirkend ändern und in tarifliche Rechte eingreifen, soweit schutzwürdiges Vertrauen der Normunterworfenen nicht verletzt wird. Ob und ggf. mit Wirkung zu welchem Zeitpunkt die Tarifunterworfenen mit einer rückwirkenden Regelung rechnen müssen, ihr also kein schützenswertes Vertrauen entgegenstellen können, ist eine Frage des Einzelfalles. In der Regel müssen Beschäftigte nicht damit rechnen, dass in bereits entstandene Ansprüche eingegriffen wird, auch wenn sie noch nicht erfüllt oder noch nicht fällig sind. Anders ist dies nur dann, wenn bereits vor der Entstehung des Anspruchs hinreichende Anhaltspunkte (z.B. in Form eines Informationsschreibens über Tarifvertragsverhandlungen) dafür vorliegen, dass die Tarifvertragsparteien verschlechternd in diesen Anspruch eingreifen werden. 42. Teilzeit BAG, Urt. v. 15.8.2006 - 9 AZR 8/06, juris § 9 TzBfG begründet unter den in der Vorschrift näher bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Verlängerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit. Vorausgesetzt wird insbesondere, dass der Arbeitgeber einen Arbeitsplatz mit der vom Arbeitnehmer gewünschten längeren Arbeitszeit zu besetzen hat. Das Organisationsermessen des Arbeitgebers über das Zeitkontingent des Arbeitsplatzes wird durch arbeitsplatzbezogene Merkmale begrenzt. LAG Köln, Urt. v. 3.2.2006 - 11 (13) Sa 1246/05, NZA-RR 2006, 343 Die Entscheidung einer Bank, im Interesse der Kundennähe in Zukunft auf allen Arbeitsplätzen mit Kundenkontakt den Teilzeitbegehren der Mitarbeiter nicht mehr stattzugeben, stellt allein keinen entgegenstehenden "betrieblichen Grund" i. S. d. § 8 Abs. 4 S. 1 TzBfG dar. Je näher das behauptete unternehmerische Konzept an die Entscheidung, keine Teilzeitbeschäftigung zuzulassen, heranrückt, um so höher sind die Anforderungen an die Darlegung dieses Konzepts. LAG Düsseldorf, Urt. v. 233.2006 - 5 (3) Sa 13/06, FA 2006, 253 1. Der Wunsch nach Verlängerung der Arbeitszeit iSd. § 9 TzBfG kann an den zuständigen Fachvorgesetzten gerichtet werden. 2. Der Wunsch muss sich auf die Verlängerung der Arbeitszeit beziehen; eine bestimmte Form, einen bestimmten Verlängerungsumfang und ein bestimmter Arbeitsplatz müssen nicht angegeben werden. 3. Lehnt der Arbeitgeber einen Verlängerungswunsch trotz Vorhandenseins eines geeigneten Arbeitsplatzes unberechtigt ab, entsteht ein Schadensersatzanspruch in Höhe der angemessenen Vergütung. Diese ist gegebenenfalls durch Schätzung nach § 287 ZPO zu ermitteln. 43. Urlaub BAG, Urt. v. 14.3.2006 - 9 AZR 11/05, NZA 2006,1008 1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers (wie auch) auch dadurch erfüllt werden, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Anrechnung auf den Urlaubsanspruch von der Arbeit freistellt. Die zur Erfüllung des Anspruchs erforderliche Erklärung des Arbeitgebers muss hinreichend deutlich erkennen lassen, dass eine Befreiung von der Arbeitspflicht zur Erfüllung des Anspruchs auf Urlaub gewährt wird. 2. Die Erfüllung von Urlaubsansprüchen durch den Arbeitgeber bedarf der unwiderruflichen Befreiung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht. Nur dann ist es dem Arbeitnehmer möglich, anstelle der geschuldeten Arbeitsleistung die ihm auf Grund des Urlaubsanspruchs zustehende Freizeit uneingeschränkt zu nutzen.